Geschichten aus dem OP, 2. Teil

11/05/2022

Ich melde mich am Empfang jener unaussprechlichen Abteilung des Spitals, der auf der Einladung steht. Man scheint mich schon zu erwarten und die nette Dame hinter dem Tresen begrüsst mich mit meinem korrekten Namen. "Wie geht es ihnen?", fragt sie, als würden wir uns regelmässig treffen. "Na ja", sage ich, "ich soll heute unter Vollnarkose operiert werden..." – "Konnten sie heute schon Wasser lösen?", ist die zweite Frage der Dame. Klar hatte ich können. Ich werde in den sogenannten Vorbereitungs- und Aufwachraum geführt und dort einer freundlichen Schwester übergeben. "Sodeli, jetzt werde ich sie für die OP vorbereiten – konnten sie heute Morgen Wasser lösen?" – Nach einer knappen Stunde sind alle Infusionsanschlüsse gelegt und die diversen Messpunkte geklebt. Eine andere Schwester erscheint mit einem Fragebogen und lässt mich die Monate des Jahres rückwärts aufzählen. Ich komme mir vor, wie ein Primarschüler, aber ich schaffe die Aufgabe auf Anhieb. Zweite Frage: "Konnten sie schon Wasser lösen?" – "Ja, kurz vor der Fahrt hierhin." Dann werde ich samt Bett durch die Gänge gefahren Richtung Operationssaal. Über mir das vermummte Gesicht einer jungen Frau, die sich als "meine" Anästhesistin vorgestellt hatte. Bei der Ankunft im OP-Bereich begrüsst mich ein Mann in Grün. Er bittet mich, mich auf den Operationstisch nebenan zu legen und fragt nebenbei: "Haben sie kürzlich Wasser gelöst?"

Schlussfolgerung: Eine Operation ist in erster Linie eine Frage des Wasserstands – oder: Die hatten wohl Angst, dass ich unter Narkose in den OP uriniere...

Diese Website verwendet Cookies. Bitte lesen Sie unsere Datenschutzerklärung für Details.

Verweigern

OK